Samstag, 21. September 2019

Der Mut der Hoffnungslosigkeit

Da sind sie also, die Maßnahmen zur Rettung des Planeten; oder eher zur Rettung des Kapitals, der Industrie und der sozialen Ungleichheit. Man könnte die Regierung und ihre Entscheidungen leicht als dümmlich, ahnungslos und inkompetent bezeichnen. Aber das ist diese Regierung nicht. Im Gegenteil, diese Regierung ist sogar ausgezeichnet effektiv; nämlich darin den Status Quo zu verwalten. Fast als bestehe unter Politikern eine gewisse Angst. Paradoxerweise eine Angst vor der Zukunft. Eine Angst vor dem künftigen Machtverlust. Angst davor sich bei Bürgern unbeliebt zu machen und den Menschen die Wahrheit zuzumuten.
Wer möchte schon gerne hören, dass er mit seinem Verhalten, seinen Kaufentscheidungen - und teilweise mit seiner Arbeit - den Planeten ruiniert ?

Wir alleine schaffen das sowieso nicht. Die Chinesen, Inder und Amerikaner sind uns zahlenmäßig weit überlegen. Sie sind das Problem. Gegen deren Emissionen müsse man handeln. Es ist das gern genommene Argument des Wohlstandsbürgers, der kein Millimeter nach Grün rutschen möchte. Das typische "Schuld herumreichen", bzw. den "schwarzen Peter" weiterschieben. Die Wirtschaft sagt, wir produzieren nur, was der Bürger kauft. Die Politik sagt, wir dürfen den Markt nicht regeln oder die Freiheit des Bürgers einschränken. Es liegt beim Bewusstsein jedes einzelnen. Und der Bürger lamentiert, man ist doch nur in der Rolle des Untertanen und gleichsam das Opfer des Kapitalismus, man könne doch nicht anders. Ein Gefangenen-Dilemma per Excellence. Wer spieltheoretisches Verständnis hat, der weiß, wir dürfen uns nicht diesen niederen Instinkten hingeben. Man muss dagegen ankämpfen.

Dass man zu Kämpfen bereit ist, davon sprachen 1,4 Millionen Leute auf den Straßen am 20. September, und noch mehr im Hintergrund, die nicht die Zeit oder den Mut an diesem Tag gefunden hatten. Aber es gibt sie. Menschen denen die Plastikberge im Gedächtnis bleiben, die in Autos Ressourcenverschwendung erkennen und denen das Herz brennt, genau dann wenn Wald und Tier vor unseren Augen stirbt. Nicht allein Menschen, sondern Visionäre, die sich eine Gesellschaft jenseits des Zerfalls von jeglicher Ethik und Moral vorzustellen in der Lage sind. Menschen, deren Meinung und wissenschaftliche Fakten derzeit mit Füßen getreten werden.

Die Hoffnung auf die angekündigten Maßnahmen des Klimakabinetts waren groß. Noch größer fällt die Enttäuschung aus und niemand (ausgenommen einiger, sich gegenseitig auf die Schultern klopfender, Politiker) kann sich mit diesen Ankündigungen anfreuen. Wir befinden uns auf der Titanic. Der Eisberg ist voraus, wir steuern mit voller Geschwindigkeit darauf zu; und anstatt, dass unser Kapitän den Kurs ändert, werden die Preise auf der Speisekarte überarbeitet. Das verhindert die bevorstehende Katastrophe in keinster Weise. Sicher, einige werden überleben, aber der Totalschaden ist unvermeidbar. Und man sieht ihn kommen. Allerdings ist es nicht der Eisberg, der uns mit voller Wucht erwischt (Ja, der Vergleich hinkt), sondern es ist der Niedergang einer lebenswerten Natur. Er kommt schleichend - seit Jahren wohlgemerkt.

Wenn wissenschaftliche Fakten und das energische Sprachrohr einer ganzen Generation nicht den Wandel herbeiführen können, wenn die Führenden dieser Welt all das ignorieren, was rettet uns dann noch ? Vielleicht der Mut der Hoffnungslosigkeit. Gibt es keine Alternativen mehr, versagt der Dialog, ist die letzte Chance das eigene Handeln, dann fällt es doch umso leichter etwas zu bewegen, oder ? Lasst uns das Auto und das Plastik boykottieren, die Straßen blockieren, das Fleisch links liegen, dem Konsum entsagen so weit es geht und Druck ausüben. Druck, Druck, Druck. Lasst uns das System zerschlagen, in Frieden und Freiheit. Allein gegen dieses Vorgehen bleibt das System wehrlos. Es darf gerade jetzt kein Schlussstrich am Denken gesetzt werden. Jetzt bedarf es dem Handeln. Politik bedeutet immer ein Ringen um Macht. Macht, die in der Bevölkerung steckt und brodelt. Gelingt es uns, diese Macht zu kanalisieren, dann wird es gar nicht notwendig sein die Politik zu überzeugen; dann wird sie sich den Forderungen anpassen.

Wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.
Den Mut sucht man uns zu nehmen, aber Utopien müssen wir leben !     

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