2019 endet bald und die meisten freuts sicherlich. Zurück
liegt ein Jahr, das nicht unbedingt dank allzu schöner Erinnerungen glänzen
konnte. Egal ob Chaos-Brexit, Chinas innerer Kampf gegen westliche Verhältnisse,
Terroranschläge und Amokläufe in USA und Deutschland, das Aufleben der neuen Rechten
in den Bundesländern und die, unter anderem anlaog verbundene, Hetze in sozialen
Netzwerken, die damit einhergehende Degeneration von Diskussionskultur, Artikel
13 oder der ergebnislose Kampf einer jungen Generation gegen unökologisches,
kapitalistisches Wachstum in Form zivilen Ungehorsams. 2019 macht einzig allein
Lust auf den optimistischen Blick nach vorne. Und die zuletzt aufgenommene
Frage nach den Grenzen des Wachstums und Konsums, sie stellt sich uns nicht nur
weiterhin in der Zukunft. Abgesehen von der Geschenkkultur der weihnachtlichen
Festtage, befeuert und provoziert durch die Marketingmaschinerie von Onlineversandhandelsriesen,
scheint die Proklamation einer Gleichsetzung von „mehr“ und „besser“ nun
endgültig auch in der Blockbuster-Philosophie verankert zu sein.
So zu sehen im
letzten Teil der Star-Wars Sequels „Rise of the Skywalker“, dessen erschreckende
Gleichgültigkeit 2019 wohl ebenso wenig retten wird.
Aber nochmal ganz von vorne angefangen. Der Imperator hat, wie
direkt in den Opening-Crawls verkündet, irgendwie seit der Zerstörung des
zweiten Todessterns überlebt und ist zur Genervtheit aller zurückgekehrt.
Natürlich noch stärker und mächtiger als zuvor - mit einer Armee aus
Sternenzerstörern, noch größer und mächtiger als zuvor. Die erste Ordnung, desolat
angeschlagen und unter der Leitung des hasserfüllten Darth-Vader Epigonen Kylo
Ren geknechtet, versucht derweil sich der Armee des Imperators zu bedienen um
die Kontrolle über die Galaxie zu erlangen.
Dazwischen stehen allerdings die
altbekannten Helden, die das Glück hatten bis zum Ende von Episode 8 zu
überleben, bzw. dem Publikum offenbar so gut gefielen, dass die
Drehbuchschreiber sie für weiterhin verwertbar eingestuft haben. Allen voran Hauptprotagonistin
und Jedi-Naturtalent Ray, die unermüdlich ihre Fähigkeiten trainiert und sich unter
der Obhut von General Prinzessin Leia für die finale Konfrontation vorbereitet.
Durch einen Spion in den Reihen der ersten Ordnung gelingt es den
Widerstandskämpfern schließlich Informationen über das Überleben des Imperators
und seiner Armee in der Hinterhand zu ergattern. Exegol, dessen Sternensystem
und der Planet selbst sind jedoch niemandem geläufig, weshalb der Grundstein
für den ca. zweieinhalb stündigen Plot hiermit gelegt wurde. Was folgt ist eine
videospieleske Quest, in der Ray, Finn, Poe, Chewie und C3PO alles daran setzen
den Aufenthaltsort der Sith, der Anti-Jedi Fraktion ausfindig zu machen. Diese
Situation wird in der ersten fünfzehn Minuten bereits klar umrissen und auch nicht
weiter ausgeweitet, weshalb der Film sich einer Geradlinigkeit angleicht, die vor
allem unter chronischer Spannungsarmut und Vorhersehbarkeit einhergeht. Dabei
sind das noch die geringeren Übel, die der letzte Teil der Sage notgedrungen mit
sich schleifen muss.
Ein Impuls, zwei Tage nach dem ich den Film im Kino gesehen
hatte, lautete unweigerlich, dass der Film als langweilig fabrizierte
Unterhaltung für regnerische Sonntag-Nachmittage im Heimkino herhält. Kurzum,
der Film ist vielleicht mit einer Flasche Bier und ein paar Freunden anschaubar,
bleibt im Großen und Ganzen Mist. Und gleichsam bildet er einen krönenden
Abschluss für das symptomatisch erkrankte Blockbuster-Kino in diesem Jahr, das man
vor allem Disney und seiner Profit-orientierten Produktvermarktung in die Schuhe
schieben möchte. Diese kalkuliert ihre Produktionen anhand von Testscreenings und
garantiert mit etlichen Kontrollprozessen und Drehbuchschreibern, sich nie zu
weit aus dem Fenster zu lehnen, immer auf Nummer sicher zu spielen, den Franchisegedanken
zu berücksichtigen und in Konsequenz die Marke immer über die Kreativität und
Visionen einzelner zu stellen. Scorsese lässt grüßen.
Gepaart mit der Unfähigkeit von J.J. Abrams sinnvolle und
originelle Geschichten zu erzählen, bleibt der Abschluss der Saga nicht nur eine
despektierliche Schändung der vorangegangen Episoden 4-6, sondern darüber
hinaus ein gescheitertes Produkt, das als Negativbeispiel für lieblos
zusammengeklatschtes Blockbusterkino herhalten kann. Lässt man den arg
konstruierten Handlungsbogen, falls man das wirklich noch als ein Bogen mit
Krümmungen bezeichnen kann, außen vor, dann gleicht Episode 9 wie auch Avengers
Endgame dieses Jahr, einer einzigen Neuauflage von bereits tausendfach reproduzierten
und gewollt aneinandergereihten Bildern, wie sie den Zuschauer weder zu
überraschen, noch zu überzeugen wissen. Am Ende hat der Kinogänger viele Szenen
aus Star-Wars gesehen, aber keinen wirklichen Film. Episode 9 und sein
nostalgisch vereinnahmter Regisseur sehen sich außerdem, ähnlich dem „Erwachen
der Macht“, allein darum bemüht den archetypischen Originalen zu entsprechen; und
versucht diese Reminiszenzen allein größer, scharfer, glattgebügelter und
polierter darzustellen. Den Geist und die Handwerkskunst der Originaltrilogie sucht
man hier aber vergebens, weshalb ein
gewisse visionäre Kraft und Bildsprache, für die man ebenso Episode 1-3 lobend
erwähnen muss, völlig fehlt.
Behelfen möchten sich Disney und Abrams dann offenbar über
eine emotionale Bindung und mit bedeutungsschwangeren, inhaltsleeren Dialogen,
die da lauten „Ich werfe einen letzten Blick auf meine Freunde“, „das ist
unsere letzte Hoffnung“, „wir hatten damals nur einander“ oder „ich habe ein
ganz mieses Gefühl bei der Sache“. Fairerweise findet man solche Schmonzetten ebenso
in den ersten Teilen der Saga und das Pathos ist und bleibt nun einmal Konzept
der Sci-Fi Opera. Aber auch Kitsch will gelernt und gekonnt sein, und davon
versteht der letzte Teil der Weltraumsaga beim besten Willen so viel wie von
gut inszenierten Actionfahrten. Letztere sind so hektisch, zersplittert und
uninspiriert, dass man zusammen mit dem nur spärlich akzeptablen Pacing, sich
allzeit ruhigere, wahrlich gefühlvolle Momente herbeisehnt, oder wieder an die
grandiosen Szenen aus anderen Episoden denken muss.
Abgesehen von Ray und Kylo-Ren, deren Verhältnis und Ahnenkonflikt
glücklicherweise einen verfolgungswerten roten Faden zieht, kann keiner der
Nebendarsteller mit gleichwertigem Interesse punkten. Es fallen zwar zahlreiche
Andeutungen, von denen man sich am Ende eine Auflösung verspricht, aber Zugeständnisse
fallen hier nicht. So gab es seit Episode 7 die Vermutungen um Poe als schwul
orientierten Charakter, was dem Universum eine weitere, erfrischende Note
hinzugefügt hätte. Mehr als Schein und bedeutungsloses Vorgeschichtengeplänkel
wird man von ihm aber nicht zu hören bekommen. Offenbar möchte es sich Disney
mit China nicht verscherzen. Umarmungen sind daher dass Maximum der Gefühle. Und
apropos Gefühle.
Man könnte stundenlang über den geglückten, organischen
Einsatz von Musik aus den ersten Filmen schwelgen und warum dies ein so großes
Versäumnis der neuen Trilogie im allgemeinen ist. John Williams war einst in
der Lage mit seinen orchestralen, epischen anmutenden und teils unvergesslichen
Arrangements einen legendären Soundtrack kreieren, den jeder heute mitsummen
kann. Musikstücke, die bisweilen nicht nur in ihrer malerischen Funktion auf
der Leinwand gefielen und funktionierten, sondern abseits davon ganze Konzerthallen
füllen konnten. Obwohl selbiger Komponist der Serie treu geblieben ist, spürt
und hört man in keinem der neuen Teile den winzigsten Hauch von der Musikalität
dieses Genies. Der Score ist hier zum Hintergrundrauschen verkommen, welches ab
und zu die Stimmungslage entsprechend wechselt, sich aber nie in den
Vordergrund drängt, was fast einem feigen Versteckspiel entspricht. Wer diesen
Aspekt zuletzt unterbewertet, hat nie die Bedeutsamkeit der Kompositionen verstanden
und solle bitte noch einmal den Angriff auf den zweiten Todesstern, den Marsch
der imperialen Flotte, oder den Flug durch das Asteroidenfeld genau in
Augenschein, bzw. Ohrenschein nehmen. Mit Nostalgie und Golden-Age Syndrom hat
das nun wahrlich nichts zu tun. So ging einst Dramatik in Filmen. Es scheint
nur, Abrams und seine Crew wissen um das Handwerk von Kameraarbeit,
Szenenaufbau und Charakterentwicklung nicht mehr allzu viel Bescheid.
Vielleicht spielt es für sie auch keine Rolle.
Episode 9 legt damit tatsächlich seine eigene Problematik
offen und schiebt die Diagnose gleich hinterher. So fällt im Film die Frage,
wie es denn damals gelinge konnte, dass die Rebellen die Zerstörung des
Todessterns und die Zerschlagung des allmächtigen Imperiums bewerkstelligen
konnten, obwohl sie doch klar in der Unterzahl waren und ihre Mittel begrenzt
schienen ? Genau so stellt sich mir unmittelbar die Frage, wie konnte die erste
Sage mit wenigen Millionen Budget zu solch einem Meisterwerk avancieren ? Die Antwort liegt wohl im Zeitgeist, in der visionären
Kraft, in der schöpferischen Freiheit und im Willen weniger Menschen, etwas
großartiges zu leisten. Star Wars 9 und seine zwei direkten Vorgänger sind so
gut wie nichts davon, dafür aber ein Franchise-Produkt aus dem Lego Fanbaukasten
von 1977, welches mit Allzweckreiniger poliert und auf dem Silberteller
serviert wurde. Wer damit schon in seiner Kindheit gespielt hat, dem zucken die
Finger es anzufassen und auszuprobieren. Wer sich traut, lässt dann einen
kritischen Blick darauf fallen und entsorgt das Ding prompt im Mülleimer. Denn „Rise
of Skywalker“ ist nicht mehr als ein teures, platzverschwendendes Spielzeug aus
der Marketingabteilung, das nochmal zur Hochsaison verschenkt wird. In diesem Sinne,
frohe Weihnachten!
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